Gastwissenschaftler Aleksandr Maslennikov zu Gast am ISF

19.10.2016
  Maslennikov vor Maschine Urheberrecht: © Aleksandr Maslennikov

Aleksandr Maslennikov (35) wurde in Tula geboren, einer Stadt in Russland, die 180 km südlich von Moskau liegt. Dort verbrachte er seine Kindheit und begann später an der Staatlichen Universität Tula zu studieren. Seit Mai 2016 arbeitet er als Gastwissenschaftler am Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik (ISF) der RWTH Aachen im Rahmen eines Exzellenzcluster-Forschungsprojekts.

Können Sie uns mehr über Ihren beruflichen Werdegang erzählen?
Nach meinem vierjährigen Bachelor an der Technischen Fakultät der Universität in Tula, setzte ich mein Masterstudium mit einer Vertiefung im Bereich Schweißtechnik und Werkstoffwissenschaft fort und beschäftigte mich besonders mit der numerischen Modellierung von Schweißabläufen. Im Jahr 2008 verteidigte ich meine Doktorarbeit zum Thema „Entwicklung des technologischen Prozesses von Orbitalschweißen anhand der Optimierung der Schweißparameter“ an der Technischen Universität Moskau (heute Staatliches Luftfahrtinstitut Moskau).

Was folgte nach der Promotion?
Ich bin Professor an der Staatlichen Universität Tula und lehre Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Schweißverfahren, einschließlich Computer-Analyse sowie Modellierung.

Warum haben Sie sich für einen Auslandaufenthalt in Aachen entschieden?
Ich war schon während eines früheren Forschungsaufenthaltes in Aachen. Die ersten Weichen für eine Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen (und dem ISF) wurden von Professor Wladislaw Sudnik der Universität Tula in den 1990er Jahren gelegt. Er hat zusammen mit Professor Ulrich Dilthey (ehemaliger Institutsleiter des ISF) ein gemeinsames Projekt im Bereich Computeranalyse von MAG-Schweißen durchgeführt. Mein erster sechsmonatiger Forschungsaufenthalt am ISF fand im Jahr 2012 im Rahmen meiner Doktorarbeit statt und wurde durch das DAAD-Programm „Michail Lomonosov" ermöglicht. In Gesprächen mit Kollegen habe ich von der neuen Fügetechnik im festen Zustand, dem Rührreibschweißen erfahren. Ich war von den Möglichkeiten dieser Technologie fasziniert und bis jetzt forsche ich auf diesem Gebiet.

In welches Forschungsprojekt in Aachen sind Sie eingebunden und was sind Ihre wichtigsten Aufgaben?
Mein Projekt läuft im Rahmen des Exzellenzcluster-Teilbereichs „Multi-Technologie-Produktionssysteme". Ich forsche im Bereich des Rührreibschweißens, genauer gesagt arbeite ich an der Entwicklung und Verbesserung eines selbstkonsistenten thermomechanischen Modells des Prozesses, unter elektrischer Unterstützung von Joule-Erwärmung. Für die Überprüfung und Kalibrierung des Modells ist eine breite Palette von experimentellen Daten notwendig. Deshalb führe ich während meines Aufenthaltes in Aachen zusammen mit meinen Kollegen am ISF Experimente zum Rührreibschweißen im Originalmaßstab durch.

  Maslennikov vor Maschine Urheberrecht: © Aleksandr Maslennikov

Was reizt Sie an diesem Projekt?
Einige physikalische Phänomene, die beim Rührreibschweißen vorkommen, sind wirklich großartig und atemberaubend. Zum Beispiel erinnert mich das Bild von Strömungsgeschwindigkeiten von viskosem Metall in der plastischen Zone einer rührreibgeschweißten Verbindung an Wasserströme, die beim Delphinschwimmen entstehen. Diese Ähnlichkeiten übersteigen meine Vorstellungskraft und beweisen, dass in unserem Leben und der Natur Parallelen bestehen. Um den Schlüssel zu einer scheinbar unlösbaren Herausforderung zu finden, genügt es manchmal an einem sonnigen Morgen schwimmende Fische oder einen fliegenden Vogel zu beobachten. Wenn ich neue Simulationsmodelle konstruiere und an die reale Prozessumgebung anpasse, hilft mir dies sehr.

Was ist der größte Unterschied zwischen Ihrer Heimathochschule und der RWTH Aachen?
Der größte Unterschied liegt in der Verfügbarkeit von innovativen Schweiß- und Rechengeräten und entsprechenden Materialien. Hier an der RWTH Aachen und am ISF kann man Versuche planen und relativ schnell ausführen, ohne viel Zeit für die Suche benötigter Mittel, Werkzeuge und Hilfsmaterialien aufzuwenden.

Was gefällt Ihnen am meisten an Deutschland oder Aachen?
Im Arbeitsalltag setzen die Menschen hier auf Teamarbeit, um ehrgeizige Ergebnisse zu erreichen. Je schwieriger das Ziel ist, desto stärker manifestiert sich diese Fähigkeit. Im Hinblick auf Freizeit bietet Aachen viele Möglichkeiten für die persönliche Weiterentwicklung. Es gibt viele verschiedene Sportvereine, Turnhallen, Schwimmbäder und Sportanlagen, wo man sich selbst herausfordern kann.

Erinnern Sie sich an einen besonderen Moment des Glücks während Ihrer Zeit in Aachen?
Vier Jahre lerne ich schon Deutsch im Eigenstudium und nun habe ich endlich begonnen, meine Mitmenschen zu verstehen und die Leute verstehen mich – für mich ist das wahres Glück. Natürlich sind meine Deutschkenntnisse noch nicht perfekt und mancher Satz gelingt nicht, zum Beispiel wenn ich mich an ein Wort nicht erinnern kann und mitten im Gespräch von Deutsch auf Englisch wechsle.

Irgendwelche letzten Worte?
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um mich ganz herzlich bei der Leitung des Exzellenzclusters sowie beim Institutsleiter des ISF, Professor Uwe Reisgen, beim Oberingenieur Alexander Schiebahn und bei Dipl.-Ing. Andreas Naumov für die Möglichkeit, innerhalb des CoE-Projekts „Multi-Technologie-Produktionssysteme“ zu arbeiten, zu bedanken.

Vielen Dank, Aleksander Maslennikov, für Ihre Zeit. Wir wünschen Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft!