Interview mit Gastwissenschaftler Timothy Simpson

26.04.2017
  Lecturer speaking to students Urheberrecht: © Exzellenzcluster Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer

Professor Timothy W. Simpson ist ein Gastwissenschaftler auf den USA, der Aachen für kurze Zeit besucht, um im Rahmen des Exzellenzclusters einen zweitägigen Workshop zum Thema „Designing for Additive Manufacturing“ zu halten. Professor Simpson ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet der additiven Fertigungstechnik und dem Design von 3D-gedruckten Metallbauteilen und bekleidet die Paul Morrow Professur für Engineering Design and Manufacturing an seiner Heimatuniversität, der Pennsylvania State University. Bevor er nach Amerika zurückkehrt, hat er mit uns über seinen Aufenthalt in Deutschland und seinen von der Research Area TIME der RWTH ausgerichteten Workshop gesprochen.

 

Wann sind Sie in Deutschland angekommen und wie gefällt es Ihnen bis jetzt?
Ich bin erst vor zwei Tagen hier angekommen, aber ich muss sagen, es gefällt mir sehr hier. Es sieht so aus, als hätte ich großes Glück mit dem Wetter, die Sonne scheint seit meiner Ankunft ununterbrochen. Ich habe bereits eine Tour über den Campus mitgemacht, das war eine sehr interessante Erfahrung.

Lassen Sie uns ganz am Anfang Ihrer Idee, Workshops zu veranstalten, beginnen. Wie kamen Sie auf die Idee und seit wann veranstalten Sie schon Workshops auf dem Gebiet Additive Manufacturing?
Ich halte seit ungefähr fünf Jahren Workshops dieser Art. Was mir damals zu Anfang auffiel, war, dass es nicht viele Kurse gibt, die sich speziell auf das Design für additive Fertigungsverfahren beziehen. Es gibt mehr Kurse, die auf die verschiedenen Prozesse ausgerichtet sind und ihre Unterschiede behandeln. Diese Kurse stellen häufig nicht die Frage „Wie können wir wirklich designen und uns die Vorteile dieser Prozesse zunutze machen?“, und diese Frage treibt meine Kurse an.

Additive Fertigungsprozesse erleben in der deutschen und der internationalen Industrie seit einigen Jahren einen regelrechten Höhenflug. Was sind Ihre Gedanken zur deutschen Innovationsindustrie?
Ich habe bereits verschiedene Länder bereist und glaube, das Fraunhofer ILT positioniert sich seit Jahren in der vordersten Reihe der AM-Industrie und gilt sozusagen als Vorreiter in diesem Bereich. Die Deutschen haben IOS und SLM, deshalb denke ich, dass Deutschland lange der Anführer auf dem Gebiet war. Aus diesem Grund war ich auch sehr begeistert, hierher zu kommen und all diese Menschen zu treffen. Ich habe gestern an einer Tour des Fraunhofer ILT teilgenommen und hatte dadurch die Möglichkeit, einige der neusten Fortschritte auf dem Gebiet Laserbearbeitung zu sehen. All diese Technologien gehören zur nächsten Generation der additiven Fertigung, also war es für mich sehr aufregend, sie zu besichtigen.

Ich glaube, additive Verfahren gehören zu den öffentlichkeitswirksamsten Verfahren des Clusters, weil sich auch Menschen ohne expliziten technischen Hintergrund heute sehr für den 3D-Druck interessieren und ihm im Alltag begegnen können. Ich selbst komme aus den Geisteswissenschaften, aber war gespannt darauf, in Ihrem Workshop mehr über das Thema zu erfahren.
Interessanterweise hatten wir an der Penn State zuletzt einige Kurse in Kommunikation und im technischen Schreiben, die sich mit dem Thema AM auseinandergesetzt haben. Diese Kurse haben additive Fertigungsverfahren als eine Art Case Study benutzt, damit die Teilnehmer sich darin erproben können, technisch zu schreiben und deskriptiv vorzugehen. Additive Fertigungsverfahren erweisen sich also immer wieder auch auf verschiednen Fachgebieten als nützlich.

Sehen Sie spezifische Unterschiede zwischen dem Feld Additive Manufacturing in den USA und hier in Deutschland?
Ich glaube, hier in Deutschland gibt es ein viel größeres Investment in diese Technologien, durch die Regierung und besonders die ansässige Industrie. Zuhause haben wir zwar versucht dieses Förderungsmodell zu rekreieren, aber wir sind noch Jahre von dem entfernt, was sich in Deutschland auf dem Gebiet AM tut. Das ist ein weiterer Grund, warum ich neugierig war, hierher zu kommen, um zu sehen, wie all diese Firmen, Institute und Akademiker zusammenarbeiten. Schließlich braucht man das ganze Ökosystem, man kann nicht nur Maschinen herstellen oder nur Lasertechnik produzieren. Ihr in Deutschland habt die Möglichkeit, rundherum Cluster zu konzipieren und das erscheint mir ein guter Weg zu sein.

Kommen wir noch einmal auf Ihren Workshop zu sprechen, sind Sie zufrieden mit seinem Verlauf?
Ja, sehr sogar, wir haben hier eine sehr diverse Gruppe. Von sehr technisch orientierten Teilnehmern, die dabei sind, neue Prozesse zu entwickeln, über Psychologiestudenten und diejenigen, die sich mit Innovation Management beschäftigen. Ich habe vorhin bereits einen Witz darüber gemacht, dass wir eine sehr interessante Firma gründen könnten mit den Leuten, die heute hier sind. Bis jetzt bin ich sehr zufrieden.

Nun zur letzten Frage: Was ist das Lernziel für Ihren heutigen Workshop? Was sollen die Teilnehmer mitnehmen?
Es ist diesmal wirklich anspruchsvoll wegen der großen Diversität der Teilnehmer und ihrer Hintergründe. Einer der Aspekte die ich vermitteln möchte ist auf jeden Fall die außergewöhnliche Vielseitigkeit von additiven Fertigungsprozessen. Ich denke, für die weniger technisch veranlagten Teilnehmer ziele ich darauf ab, die technischen Prozesse zu entmystifizieren, zum Beispiel mithilfe der praktischen Challenge, die wir gemacht haben. Ich meine damit nicht, dass Designen einfach wäre, vielmehr möchte ich verdeutlichen, dass es machbar ist, wenn man versteht, was getan werden muss. Gleichzeitig möchte ich den Fortgeschrittenen Case Studies und Beispiele bieten um sie dazu zu bringen, anders zu denken. Am Ende ist Kreativität das Wichtigste und auch, dass wir uns fragen, wie wir anders denken können um dadurch die Vorteile des AM voll ausnutzen zu können.

Was ich zeigen will ist, dass die Benutzung von AM-Technologien sich an das Level des Designers anpasst. Vom Anfänger zum Experten, der Workflow ändert sich nicht, die Werkzeuge, die man verwendet werden nur ausgefeilter. Und selbst, wenn man nicht weiß, wie man CAD benutzt, mittlerweile gibt es Onlineressourcen wie Thingyverse, wo man alles finden kann, was man braucht. Ich liebe es, mit Schülern zu arbeiten. Du gehst hin uns fragst sie „Was willst du drucken?“. Du könntest alles drucken, seien es Dinosaurier oder ähnliches. Minecraft ist unter Schülern and der High School und Middle School sehr beliebt, es gibt also all diese Anreize, einfach anzufangen.

Wir bedanken uns für das Interview, Timothy Simpson, und wünschen Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute.