Universität 4.0 - Lernen mit Ipodia
Das Exzellenzcluster hat zusammen mit dem Werkzeugmaschinenlabor (WZL) unter der Leitung von Professor Günther Schuh und Professor Stephen Lu von der University of Southern California in Los Angeles in diesem Semester einen innovativen Kurs angeboten. Stephen Lu, der Initiator dieses Ipodia-Kurses, lebt zurzeit in Aachen und forscht als Gastprofessor im Bereich Industrie 4.0 im Rahmen des Exzellenzclusters „Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer“. Professor Lu glaubt, dass jede industrielle Revolution eine Bildungsrevolution erfordere. Zur Unterstützung der cyber-physischen Integration von Industrie 4.0 hat Lu ein neues Lehrkonzept entwickelt, indem physische Lernräume durch das Internet miteinander verbunden werden, um ein gemeinsames Lernen von Studierenden verschiedener internationaler Universitäten in der virtuellen Welt zu unterstützen. Er entwickelte die Ipodia Lehrmethodik, um einen peer-to-peer Austausch über physische, institutionelle und kulturelle Grenzen hinweg zu ermöglichen und etablierte die Ipodia Alliance im Jahr 2009. Die Lehrphilosophie von iPodia folgt dem Motto „aus Unterschieden lernen“, und fördert daher den direkten Austausch Studierender aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, um ein kontextuelles Wissen ihrer Studienfächer zu erlangen und gleichzeitig ein gegenseitiges Verständnis zu entwickeln, das für globale Vordenker und Führungskräfte unentbehrlich ist. Professor Lu und Professor Schuh verbindet eine langjährige berufliche Zusammenarbeit und Freundschaft. Aufgrund dieser Bekanntschaft gehörte die RWTH Aachen zu den sechs Gründungsmitgliedern der iPodia Alliance, die mittlerweile aus 12 Universitäten weltweit besteht und mehr als 450.000 Studierenden aus der ganzen Welt ermöglicht, zusammen als ‚Kommilitonen und Kommilitoninnen‘ rund um die Uhr und zu jeder Jahreszeit zu lernen. Die RWTH Aachen hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich an iPodia-Kursen teilgenommen.
In diesem Semester unterstützte Professor Lu das Aachener Team vor Ort, das einen iPodia-Kurs über „Principles and Practices of Global Innovation“ mit einem Schwerpunkt auf Elektromobilität veranstaltete. Studierende aus Aachen lernten in wöchentlichen Seminaren gemeinsam mit Studierenden der Technion, der Technischen Universität Israels in Haifa und der Universität Patras in Griechenland. Der Kurs kombinierte eine praxisorientierte Fallstudie mit Vorträgen und selbstorganisierten interkulturellen Gruppenarbeiten. Studierende aus den Masterstudiengängen Produktionstechnik und Wirtschaftsingenieurwesen Maschinenbau/Produktionstechnik nahmen an dem Kurs teil, der von Marktanalyse, Innovationsmanagement und bis hin zu neuen Produktentwicklungsprozessen für technologische Produkte reichte, aber auch Erfahrungen in der Arbeit in multikulturellen Teams vermittelte. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter Sven Cremer und Thomas Hempel haben den Kurs gemeinsam geleitet. Sie sind davon überzeugt, dass alle Studierenden viel gelernt haben, nicht nur über internationales Projektmanagement, sondern auch darüber, wie sich der Innovationsbegriff in verschiedenen Ländern unterscheidet. Sven Cremer zufolge „wird Innovation aus der Aachener Perspektive oftmals im Zusammenhang mit Produktlebenszyklen gesehen. In anderen Ländern kann Innovation jedoch ganz anders verstanden werden, da Markt- und Kundenanforderungen variieren. Die Studierenden mussten dies im Auge behalten, während sie Ideen für mögliche Produktvarianten für den globalen Markt entworfen haben.“ Der Lernprozess verlief auf verschiedenen Kommunikationskanälen: Die jeweiligen Seminare in Aachen, Patras und Haifa wurden über Bildschirme miteinander verbunden, so dass deutsche, griechische oder israelische Dozenten Kursinhalte zusammen vermittelten. Zusätzlich arbeiteten die Studierenden in internationalen Teams und über Grenzen hinweg – dazu nutzten sie digitale Kommunikationsmöglichkeiten wie beispielsweise Skype.
Das Highlight des Kurses war jedoch ohne Zweifel eine Reise nach Israel. Die Kursteilnehmer konnten sich endlich in der „realen Welt“ treffen und in persönlichen Gesprächen austauschen, nachdem sie schon lange in der virtuellen Welt zusammengearbeitet hatten. Darüber hinaus erhielten die Studierenden bei einem Ausflug nach Haifa einen Blick auf die Hightech-Nation Israel, besuchten die internationale Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem und lernten die israelische Kultur kennen. Die Reise nach Israel konnte durch das Sponsoring der Hans Hermann Voss-Stiftung realisiert werden und hat zu einem tieferen Verständnis zwischen den deutschen, griechischen und israelischen Studierenden beigetragen. Sven Cremer, der selbst während seines Studiums an einem Ipodia-Kurs teilgenommen hat, ist vom Programm überzeugt: „iPodia ermöglicht Universitäten mit ähnlichen Werten und Visionen, Studierende über Grenzen hinweg zu lehren und junge Menschen zusammenzubringen, um ihren Horizont zu erweitern als auch stereotypische Vorstellungen zu überwinden – das sind Lernerfolge, die das Vermitteln von Textbuchwissen bei Weitem übersteigen.“